Laurentiusstraße 9


Hier wohnte Emilie Bilski geb. Calvary

Emilie Calvary wurde am 5. Dezember 1873 in Posen geboren. Dort heiratete sie 1893 den Rendanten (kirchlichen Rechnungsführer) Berthold Bilski, mit dem sie zwei Söhne bekam.
Sohn Dr. med. Theodor David Bilski (*1896 in Thorn) gelang im September 1938 gemeinsam mit seiner Frau Ruth Carola und damals zehn und acht Jahre alten Kindern Hans Berthold und Rose die Emigration nach Tel Aviv. Theodor starb 1979 in Massachusetts/USA.

Auch der zweite Sohn, Dr. med Friedrich Bilski (*1894 in Posen) konnte Deutschland gemeinsam mit seiner Familie noch rechtzeitig verlassen. Er hatte zuvor als praktischer Arzt in München gearbeitet, wo er seine Ehefrau, die ebenfalls praktische Ärztin Dr. med. Alice Johanna Lachmann, heiratete und Sohn Berthold (1925-2019) das Licht der Welt erblickte.

Nachdem Berthold Bilski 1920 in Posen verstorben war, zog die Witwe Emilie Bilski nach Halle, wo ihr Sohn Theodor und seine Familie lebte. Sie wurde von den Behörden gezwungen, ihre Wohnung in der Laurentiusstraße aufzugeben und in ein so genanntes „Judenhaus“ Am Steintor 18 zu ziehen. Noch versuchte sie, zu ihrem Bruder Dr. med. Joseph Calvary in die USA zu flüchten, doch ohne Erfolg. Von Halle aus wurde sie am 27. Februar 1943 über Dresden nach Theresienstadt deportiert. Dort starb sie 69-jährig am 1. Juni 1943.

Die Stifterin dieses STOLPERSTEINS ging mit Rose Bilski, der Enkeltochter von Emilie Bilski, in die gleiche Schulklasse. Sie erinnert sich noch heute daran, wie die Klassenlehrerin sich im Sommer 1938 von Rose verabschiedete und den Schülern erklärte, dass Rose nach den Ferien nicht mehr da sein würde. Warum die Lehrerin dabei Tränen in den Augen hatte und sie selbst das Gefühl, einem besonders traurigen Geschehen beizuwohnen, verstand das damals 8-jährige Mädchen erst später.

Quellen

Stadtarchiv Halle (Saale), Nachlass Gudrun Goeseke

Volkhard Winkelmann und ehemaliges Schülerprojekt "Juden in Halle" des Südstadt-Gymnasiums Halle (Hrsg.): Unser Gedenkbuch für die Toten des Holocaust in Halle. 3. Auflage (2008)
Eintrag zu Emilie Bilski