Am Güterbahnhof 1



Hier wohnte das Ehepaar Hugo und Bertha Arnholz geb. Lewin

Hugo Arnholz wurde am 20. Mai 1881 in Arnswalde (damals Deutsches Reich, heute Polen) geboren. Sein Vater Karl Arnholz, von Beruf Kaufmann und Mutter Berta hatten gemeinsam drei weitere Kinder. Eine Tochter emigrierte 1938 mit Mann und Sohn in die USA. Ein Sohn fiel als deutscher Soldat im Ersten Weltkrieg.

Hugo Arnholz diente ebenfalls im Ersten Weltkrieg und überlebte diesen verwundet. Seine Frau Bertha kam am 13. Januar 1883 als eines von sieben Kindern des Schneidermeisters Abraham Lewin und seiner Frau Ernestine in Labischin (ebenfalls Deutsches Reich, heute Polen) zur Welt. Das Ehepaar Arnholz wohnte ab 1922 in Halle, am Jägerplatz 11. Wenige Häuser weiter bot Hugo Arnholz „Herrenmoden nach Maß“ an. 1927 bekam Bertha mit 44 Jahren einen Sohn (Karl Heinz), der jedoch kurz nach der Geburt verstarb. 1931 zog das Ehepaar um. Die neue Adresse war Am Güterbahnhof 1, wo Hugo Arnholz weiterhin eine Schneiderwerkstatt betrieb, die er jedoch um 1939 aufgeben musste. Danach arbeitete er für die Kleiderkammer der Jüdischen Gemeinde, die zu dieser Zeit vollkommen der Befehlsgewalt der Gestapo unterstellt war. Für Mitarbeiter der Gemeinde, wie Hugo Arnholz, bedeutete das, für nur geringen Lohn zunächst 40, später 54 Wochenstunden zu arbeiten – auch samstags, dem religiösen Ruhetag der Juden.
Am 15.8.1941 wurde Hugo Arnholz gekündigt. Nun war das Paar einzig auf Almosen der Gemeinde angewiesen. Im März 1941 wurden sie gezwungen, die Wohnung Am Güterbahnhof 1 zu räumen und in das sogenannte „Judenhaus“ Am Steintor 18 zu ziehen.

Am 3. Dezember 1941 wurde der 60-Jährige Hugo Arnholz verhaftet, da er sich geweigert hatte, den „Judenstern“ zu tragen. Er galt bereits als vorbestraft aufgrund falscher Angaben „über arisch und nichtarisch“ und wurde zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Am 15. Januar 1942 brachte man ihn in das Konzentrationslager Buchenwald, wo er einer Strafkompanie, d. h. der Arbeit im Steinbruch, zugeteilt wurde. Zwei Monate später, am 12. März 1942, wurde er in die „Landes-Heil- und Pflegeanstalt Bernburg“ deportiert, wo er noch am selben Tag in einer dort installierten Gaskammer ermordet und die Leiche im angegliederten Krematorium eingeäschert wurde.

Um die Spuren des Mordes zu verwischen, fälschte der SS-Lagerarzt von Buchenwald die Sterbeurkunde, gab als Todesort Weimar-Buchenwald an und verlegte das Sterbedatum auf den 21. März 1942. Wie Anfang 1942 noch üblich, wurde der Witwe Bertha Arnholz die Urne auf dem Postweg zugestellt und in ihrem Beisein auf dem Jüdischen Friedhof beigesetzt.

Nur wenig später erhielt Bertha Arnholz, wie auch 154 weitere Juden aus Halle und Umgebung, den Bescheid, sich auf eine, wie es hieß, „Umsiedlung nach Osten“ vorzubereiten. Der Deportationszug verließ Halle am 1. Juni 1942 und fuhr direkt ins Vernichtungslager Sobibor, wo er am 3. Juni 1942 ankam und die 59-jährige Bertha Arnholz, gemeinsam mit weiteren Deportierten, noch am Ankunftstag mit Autoabgas ermordet wurde.

Quellen

Stadtarchiv Halle (Saale), Nachlass Gudrun Goeseke

Volkhard Winkelmann und ehemaliges Schülerprojekt "Juden in Halle" des Südstadt-Gymnasiums Halle (Hrsg.): Unser Gedenkbuch für die Toten des Holocaust in Halle. 3. Auflage (2008)

Eintrag zu Hugo Arnholz
Eintrag zu Bertha Arnholz
Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945

Eintrag zu Hugo Arnholz
Eintrag zu Bertha Arnholz