Flucht und Vertreibung

Das Thema Flucht und Vertreibung gab es in der öffentlichen Debatte der DDR nicht. Die Vertriebenen hießen im offiziellen Sprachgebrauch "Umsiedler" und es war ihnen unter Strafandrohung verboten über das Erlebte öffentlich zu reden. Die im Buch rausgeschmissen versammelten Berichte erzählen meist aus der damaligen Kinderperspektive. Sie wurden nach einem öffentlichen Aufruf beim Verein Zeit-Geschichte(n) eingereicht und im Jahr 2002 erstmals veröffentlicht. Die Resonanz auf das Buch zeigte, wie groß das Bedürfnis ist, auch dieses Tabu endlich öffentlich zu diskutieren. Die ersten beiden Auflagen waren bereits nach kurzer Zeit vergriffen.

Im Oktober 2006 fand in Halle eine Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung statt mit dem Titel:
Ende des Tabus? – Flüchtlinge und Vertriebene in Sachsen-Anhalt ab 1945 Hier stellte unser Verein erste Ergebnisse des Projekts Erinnerungsarchiv vor, in dem Erlebnissen von Flüchtlingen und Vertriebenen in Halle und Umgebung ab 1945 gesammelt werden. Der Beitrag kann hier nachgelesen werden: https://docplayer.org/25946744-Dokumente-zur-situation-der-vertriebenen-in-halle-aus-den-recherchen-des-vereins-zeit-geschichte-n.html

Aus dem Aufruf zum Erinnerungsarchiv:
Von 1945 bis 1949 kamen fast 35 000 Flüchtlinge und Vertriebene nach Halle und Umgebung.
Sie kamen zu Fuß oder im Zug - sie flüchteten vor der nahenden Roten Armee oder wurden vertrieben.
Doch wie erging es den Menschen nach ihrer Ankunft, wie wurden sie von der Stadt und ihren Bürgern aufgenommen? Darüber ist noch nicht all zu viel bekannt, obwohl die hallesche Nachkriegsbevölkerung zu fast 25 % aus Flüchtlingen und Vertriebenen bestand. Kaum jemand weiß noch, dass es über die Stadt verteilt über 20 Auffanglager gegeben hat, in der die Ankömmlinge unter schwierigen Bedingungen leben mussten.

Damit nicht vergessen wird und die Öffentlichkeit mehr darüber erfahren kann, wie es Ihnen in Halle nach 1945 ergangen ist, brauchen wir Ihre Erinnerungen! Vielleicht haben Sie ihre Erlebnisse schon aufgeschrieben oder möchten es noch tun. Wir möchten Sie herzlich bitten uns Ihre Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen. Ihre Erlebnisse sind Zeitzeugnisse und können auf diese Weise für die Nachwelt erhalten werden. Wir führen auch mündliche Zeitzeugengespräche und wenn Sie nicht schreiben, sondern sich mit uns unterhalten wollen - melden Sie sich! Wir sind dringend auf Ihre Mithilfe angewiesen und benötigen jede erreichbare Information.