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  • IN MEMORIAM – Ute Lohse (1941 – 2022)

IN MEMORIAM – Ute Lohse (1941 – 2022)

15. Dezember 2022

IN MEMORIAM
Ute Lohse
* 4. September 1941 in Straßburg / Elsaß
+ 23. November 2022 in Halle / Saale


Ein Nachruf von Heidi Bohley

Zum ersten Mal sah ich Ute Lohse 1971: Mit einem riesigen Babybauch kam sie in den Burghof der Kunsthochschule Giebichenstein geradelt und ich bestaunte ihre Fähigkeit, das Gleichgewicht zu halten. Wenige Tage später stand ein Zwillingswagen vor der Keramikwerkstatt. Zwei sehr unterschiedliche Knäblein hatten das Licht der Welt erblickt – blond der eine, dunkelhaarig der andere. Eine Herausforderung für die Zukunft. Nun mussten Kinder, Kunst, Liebe, Freundschaften
und Geldverdienen zusammengebracht werden.

Ute schaffte nicht nur das. Sie widersetzte sich zeitlebens auch den Zumutungen der linken Diktatur, die schöpferische, freie Geister (nicht zu Unrecht) als ihre natürlichen Feinde betrachtete. Aber leicht war das nicht. 1973 wurde der Vater der Kinder festgenommen und nach zwei Jahren politischer Haft in die Bundesrepublik verkauft.

Es lag an dem großen, hilfsbereiten Freundeskreis gleichgesinnter Freiheitssüchtiger, dass es sich letztlich trotz aller äußeren Drangsalierungen auch in der DDR gut leben ließ. Ute war ein in alle Richtungen offener und wissbegieriger Mensch. Da man in der DDR offiziell nur marxistisch gefiltertes Wissen erwerben konnte, lud sie Interessierte regelmäßig in ihre Wohnung ein, um über Philosophiegeschichte zu reden. Da gab es den Tee aus feinen Ute-Schalen. Wer Gelegenheit hatte, ihr beim Drehen dieser Kleinode auf der Töpferscheibe zuzusehen verstand, dass bei ihr Feinfühligkeit nicht nur eine innerliche, sondern auch eine handwerkliche Fähigkeit war. Nur Wenige können Ton so dünnwandig drehen, dass er, mit feiner Glasur gebrannt, gegossenem Porzellan nahekommt. Und neben diese zarten Gebilde kamen später die großformatigen Arbeiten im öffentlichen Raum.

1982 unterschrieb sie ohne Zögern einen Protestbrief gegen das neue Wehrdienstgesetz der DDR, das die Musterung und Einberufung von Frauen in die Nationale Volksarmee ermöglichen sollte. Das war die Geburtsstunde der FRAUEN FÜR DEN FRIEDEN – einen losen, DDR-weiten Verbund widerständiger Frauen, der 1989 ins NEUE FORUM mündete und die Revolution vorbereiten half. Ute  war bei allen Aktionen dabei, auch 1995 als Gründungsmitglied des „Zeit-Geschichte(n) – Verein für erlebte Geschichte“.

Bei meinem Besuch am 6.November 2022 auf der Strahlentherapiestation sprachen wir nur kurz über den Krebs. Wozu auch. Sie wusste, dass da nichts mehr zu machen war. Am nächsten Tag würde ich zur Trauerfeier für Christoph Prüfer gehen. Sie wäre gern mitgekommen und ließ alle Freunde und Bekannten grüßen. Wir sprachen über die Vielen, die schon nicht mehr da sind – Ladislav, Ludwig und Marianne, den kleinen Philipp, Gertraud und Otto, Bärbel, Tobias und Verena, die Mam, Reibe, Elle und Pelle, Luise, Sabine, mehrere Jürgen, die Babí und Opa Lada, Vaclav, Uli, Frank, Beate, Christoph  … wir erinnerten uns an skurrile Episoden und lachten viel. Es war eine schöne Ruhe und Gelassenheit im Raum. Ute wusste, dass sie jetzt an der Reihe war und schien damit einverstanden
und mir schien es der letzte Akt im „Versuch, in der Wahrheit zu leben“. Vaclav Havels gleichnamiges Buch hatte vielen Menschen in der DDR Hoffnung gegeben, weil „ Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass es Sinn hat, egal wie es ausgeht.“

Dass Ute auch jüngeren Leuten viel bedeutet hat, findet Niederschlag in der schönen Danksagung aus der Akademie der Künste Sachsen-Anhalt:
„Danke für die Ernsthaftigkeit, mit welcher Du deine eigene künstlerische Arbeit betrieben hast, und dabei jederzeit für Hilfestellungen aller Art im Umfeld deiner Freunde bereit standest. Danke für Deinen unnachahmlichen erfrischenden Humor, die Jugendlichkeit Deines Denkens, Deine Neugierde auf alles, was auf Besseres hinweisen konnte. Danke, daß Du unserer Akademie 8 Jahre lang ein Quell von Wärme und frohem Beieinandersein gewesen bist.“

Ich vermute, dass die von Ute entwickelten dreidimensionalen Strukturen – zuerst in der Fläche, dann im Raum – auch ein Bild dafür sind, wie sie persönlichen Zerrissenheiten eine lebensbejahende Form geben konnte. Nun ist eine weitere Dimension dazugekommen.

In meinem Herzen bleibt dein subversiv-anarchistisches Kichern…

Leb wohl, Ute!

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